Studie zur Aktienrente

Bundestagswahl 2021

Die Initiative Minderheitsaktionäre begrüßt Ansätze im Koalitionsvertrag bezüglich der Aktionärsrechte

Der Koalitionsvertrag der Ampelkoalition enthält in Bezug auf die Rechte von Aktionären nur wenige Aussagen. Zentral ist die Feststellung, dass auch bei virtuellen Hauptversammlungen die Aktionärsrechte uneingeschränkt gelten sollen. Damit ist klargestellt, dass die Beschränkungen von Frage- und Antragsrechten aufgrund der Corona-Regelungen keinen Bestand haben werden. Anlegerschützer und Experten hatten bereits vielfach gerügt, dass online stattfindende Hauptversammlungen bisher keine vollständige Ausübung der essenziellen Anlegerrechte erlaubten. Auch wir bei der Initiative Minderheitsaktionäre hatten in der Debatte konstatiert, dass neben einer Präsenz-HV auch hybride Modelle denkbar sind. Diese müssen allerdings strukturell und technologisch so gestaltet werden, dass direkte Fragen und Rückfragen der Aktionäre an den Vorstand möglich sind, sowie Anträge in der HV gestellt werden können.
Dazu Robert Peres (Vorstandsvorsitzender der Initiative Minderheitsaktionäre): „Die Hauptversammlung ist der Tag der Aktionäre. Daher ist deren Gestaltung immer von den Aktionärsrechten her zu denken. Insofern ist begrüßenswert, dass die neue Regierung eine Beschränkung der Rechte ausschließt.“
Positiv ist weiter, dass die Einführung einer Aktienrente geplant ist. Die Initiative Minderheitsaktionäre hatte sich im Vorfeld der Bundestagswahl dafür eingesetzt, die gesetzliche Rente durch eine kapitalgedeckte Komponente zu ergänzen.
Ob der jetzt im Raum stehende Kapitalstock von 10 Milliarden Euro dafür aber ausreicht, ist zu bezweifeln. Ein von der forsa GmbH im Auftrag der Initiative Minderheitsaktionäre durchgeführte Umfrage hatte ergeben, dass eine Mehrheit der Bevölkerung eine Aktienrente befürwortete.
Seit Jahren mahnt die Initiative Minderheitsaktionäre eine Reform des kollektiven Rechtsschutzes an. Die Aussagen dazu im Koalitionsvertrag sind unkonkret, benennen aber das Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG) als verbesserungswürdig. Wir hoffen, dass vor dem Auslaufen des KapMuG im Jahr 2023 ein neues Konzept erarbeitet wird, dass die Anleger schneller und effektiver zu ihrem Schadensersatz kommen lässt. Der Telekom-Prozess ist hier ein abschreckendes Beispiel.
Das Fehlen von Aussagen zur Einführung einer Transaktionssteuer oder der Abschaffung der Abgeltungssteuer ist erfreulich. „Wir hätten uns aber gefreut, eine konkrete Aussage zur Wiedereinführung einer Spekulationsfrist von 3-5 Jahren zu finden, denn damit fördert man die langfristige Vermögungsbildung bei einer breiten Schicht,“ sagt dazu Robert Peres. „Das würde auch zur Einführung einer Aktienrente dazu gehören.“

Grundpositionen zur Bundestagswahl 2021

Die Initiative Minderheitsaktionäre gehört seit Jahren zu den von den Bundesministerien der Finanzen und für Recht und Verbraucherschutz angehörten Verbänden. Herausragende Ziele unserer gemeinnützigen Arbeit sind die Wiederherstellung von über Jahre abgebauten Mitwirkungs- und Anfechtungsrechten der Aktionäre in Gesellschaften sowie die Einführung von effektivem, kollektiven Rechtsschutz.

Übersicht

1. Beendigung des Rechteabbaus von Minderheitsaktionären und Einhaltung international üblicher Standards.
Die wichtigsten Mitwirkungsrechte der Minderheitsbeteiligten (z.B. Anfechtungs- und Fragerechte) wurden sowohl vom Gesetzgeber als auch der Judikative seit vielen Jahren zunehmend eingeschränkt. Das hat dazu geführt, dass Deutschland beim Schutz von Minderheitsaktionären international auf dem 61. Rang eingestuft wird (Tabelle „Doing Business“ der Weltbank). Wir streben daher eine Beendigung des Rechteabbaus in der Hauptversammlung an. Dazu gehören auch die Wiederherstellung umfassender Frage- und Antragsrechte der Aktionäre, auch in virtuellen Hauptversammlungen. Die derzeitigen Einschränkungen sind nicht begründbar.
Die Initiative Minderheitsaktionäre hatte die Einführung der Corona-bedingten Sonderregelungen in Bezug auf die Abhaltung von Hauptversammlungen im März 2020 begrüßt, damit diese rechtssicher ohne zwingende Präsenzveranstaltungen durchgeführt werden konnten. Die Erfahrungen mit der Realität der virtuellen Hauptversammlung in der Saison 2020 waren aber zwiespältig. Ganz wichtig ist den Aktionären die Rückkehr zum vollen Frage- und Antragsrecht. Mitbestimmung, Teilhabe und Fragerecht der eigentlichen Eigentümer der Aktiengesellschaften sind grundlegend zu wahren. Nicht zuletzt der Wirecard-Skandal hat gezeigt, wohin eine unzureichende Corporate Governance führt. Die Handhabung des Fragerechts ist bei der derzeitigen Ausgestaltung unbefriedigend. Die Initiative Minderheitsaktionäre plädiert klar dafür, die auch bei der Präsenzversammlung geltenden Regeln bei Fragen aus dem Aktionariat auch bei virtuellen Hauptversammlungen beizubehalten. Andere Länder zeigen, dass dies möglich ist. Im Sinne demokratischer Prinzipien in der Aktiengesellschaft wird zu eruieren sein, ob die Übertragung weiterer Kompetenzen auf die Hauptversammlung im Rahmen internationaler Üblichkeit bereits überfällig ist.
2. Faire Anteilsbewertung bei Börsenrückzügen (Delistings) / Erhalt des Ertragswertprinzips bei der Bestimmung von Abfindungen.
Nach unserer Auffassung ist die derzeitige Abfindungsregel bei Delistings nicht angemessen. Das Beispiel Rocket Internet zeigt dies exemplarisch. Wir fordern deshalb eine Rückkehr zum Ertragswertprinzip bei der Bewertung von Aktienanteilen und keine ausschließliche Bewertung nach Börsenpreis für ausgeschlossene Aktionäre.
3. Effektiver kollektiver Rechtsschutz für geschädigte Anleger.
Die Initiative Minderheitsaktionäre setzt sich für die Einführung echten kollektiven Rechtsschutzes nach dem Beispiel ausländischer Sammelklagen (z.B. Australien, Kanada, USA) ein, insbesondere wenn seitens der Unternehmensleitung grob fahrlässiges oder vorsätzliches Fehlverhalten vorliegt. Die derzeitige Klagemöglichkeit von Anlegern allein über das Kapitalanlegermusterverfahrensgesetz (KapMuG) ist langwierig, teuer und ineffektiv. Dies entmutigt Anleger und bürdet ihnen ungebührliche Lasten hinsichtlich Zeit und Geld auf. Die neue Sammel- oder Gruppenklage sollte als eigenständige Klageform in die Zivilprozessordnung (ZPO) aufgenommen werden. Dabei soll Rücksicht auf Kernprinzipien des deutschen Rechts genommen werden, z.B. sollen Jury-Verfahren und Strafschadensersätze (punitive damages) ausgeschlossen werden. Das deutsche Kostentragungsprinzip (European Rule) würde zudem der Erhebung von sinnlosen und nur zur Schaffung eines Lästigkeitswerts dienenden Klagen präventiv entgegenwirken.

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